Zusammenarbeit.

Was die Herausforderungen für uns als Paar sind einem gemeinsamen Job nachzugehen und welche Tipps & Strategien wir haben, um gemeinsam als Teamleitung von Cambio zu arbeiten, schreiben wir hier. Der Kampf gegen Windelpakete, Business-Meetings, Misskommunikation und Krisenmomente. Dieser Blogeintrag beinhaltet authentische Einblicke in unsere Zusammenarbeit, sowie erste Quintessenzen, die wir aus den letzten Monaten als geschäftiges Working-Partents-Team gezogen haben. Also plaudern wir mal aus den Nähkästchen.

 

Es ist Dienstag morgen, in unserem gemeinsamen Kalender steht ein Termin: Vlog aufnehmen. Doch nach einem chaotischen Morgen, der von  Misskommunikation zwischen Tobi und mir geprägt ist, komme ich nicht gerade gut gelaunt beim Drehort Cambio an. Die Spannung zwischen Tobi und mir ist mit den Händen zu greifen und jetzt soll ich diese angespannte Stimmung in ein freudiges Lächeln für die Kamera verwandeln. Wir versuchen es, sitzen etwas steif nebeneinander auf der Couch und reden über unsere Arbeit… Schon bei der ersten Durchsicht der Aufnahmen wird klar, dass das Material nicht für einen Vlog geeignet ist und wir uns erneut einen Termin in den Kalender eintragen müssen. Ganz so authentisch missmuffelig wollen wir uns dann doch nicht von der Kamera ablichten lassen. Der zweite Termin klappt viel besser. Überzeugt euch selbst, ob es uns gelungen ist .

Hier geht’s zum besagten Vlog.

 

Partner & Kollege in einem.

Es ist für uns immer wieder ein Balanceakt, sowohl die Care-Arbeit zu Hause als auch die Tätigkeiten im Job zu gleichen Teilen zwischen uns aufzuteilen. Wer packt die Windeln ein? Wer bereitet das wöchentliche Teammeeting vor? Wer kümmert sich um das Telefonat mit dem Rathaus wegen Vereinsangelgenheiten? Dort, wo wir die Verantwortung aufteilen, sind viele Absprachen nötig, was wiederrum Möglichkeit zu Missverständnissen bietet.

Gerade in Konflikten sind wir herausgefordert, ganz bewusst einen professionellen Umgang als Ehepaar, Freunde und Kollegen zu pflegen.

Die eigenen Empfindlichkeiten und den Stolz hinten anzustellen, eine kurze Aussprache anzugehen und dann einen respektvollen und lösungsorientierten Ausweg miteinander finden ist das erklärte Ziel – und klappt mal mehr, mal weniger gut. Denn nicht der Gegenüber ist das Problem, sondern das Problem ist das Problem.
Was uns oft hilft, die verhärteten Fronten aufzulösen, ist Humor – also die negativen Emotionen in Albernheit umwandeln. Den andern durch eine übertriebene Wutgrimasse zum Lachen bringen, hilft. Irgendwie muss die negative Energie abgelassen werden, bevor man sich wieder gutgelaunt begegnen kann.

Der geteilte Handykalender ist das Herzstück unseres Familienalltags. Darin steht wer Theo in den Kindergarten radelt, wann wir uns mit Freunden im Park treffen und wann jeder von uns Zeit für sich alleine hat. Soviel zur Theorie – die Praxis sieht ganz anders aus. Obwohl wir uns Anfang der Woche für eine Stunde hinsetzen, die bevorstehenden Tage durchgehen und entsprechend die Termine festlegenden, wird ein Großteil der Tage ganz anders verlaufen als geplant. Eine Mandelentzündung hier, eine Magenverstimmung mit durchkotzter Nacht dort und verschobene Termine beim Arzt sind nur drei der vielen unvorhersehbaren Planänderungen der vergangenen Woche. Pläne machen und tagtäglich über den Haufen werfen, das ist unser Alltag (und der von vielen jungen Eltern). Ohne Witz, wir versuchen seit drei Jahren (also seit Theos Geburt) irgendwie eine Struktur in unseren Alltag zu bekommen, aber ständig durchkreuzt etwas diese Pläne. Das macht uns zwar zu Meistern der Spontanität und Flexibilität, doch wenig Routine zu haben kostet uns sehr viel Kraft.

Was uns dabei hilft, auch ohne Großeltern, Tanten, Onkels, Cousins und Cousinen die täglichen Anstrengungen wegzustecken ist der Teamgedanke: Wir beide brauchen fixe Auszeiten & die wollen wir uns gegenseitig ermöglichen. Die eine wöchentliche Radtour oder das Feierabendbier mit Blick aufs Meer mit einer guten Freundin wichtige Momente, in denen wir neue Kraft tanken und die Leichtigkeit des Lebens genießen. Diese Auszeiten für sich selbst einzufordern und gleichzeitig dem anderen die Flucht aus dem Alltag zu erlauben ist ein Schlüsselgedanke im Elternbusiness und somit ein MUSS in unserem Wochenplan.

 

Keine strikte Trennung von Privatleben und Beruf.

Teil unserer Arbeit ist es, den jungen Menschen von Cambio einen authentischen Einblick in unser Leben und unseren Glauben zu geben. Die Kinder mit auf die Arbeit zu nehmen ist in anderen Berufen eher die Ausnahme, für uns ist es der Normalzustand. Während der Teamsitzung knetet Theo am Nachbartisch unter Aufsicht unserer Praktikantin und Ella krabbelt auf der Suche nach Essensresten über den Boden. Bei Ausflügen und gemeinsamen Mittagessen sind die Kinder ganz selbstverständlich mit dabei.
Doch gerade weil die Grenzen einer Work-Life-Balance in unserem Fall eher verschwimmen, haben wir uns angewöhnt ganz bewusst Momente zu gestalten in denen entweder die Familie, oder unsere Paarbeziehung im Vordergrund steht.
Am Donnerstag Abend steht, nach einem langen Arbeitstag und einer Teamsitzung bei Cambio, ein Abendessens-Familien-Ausflug an. Wir packen uns ins Auto, fahren zum Drachensteigen an den Strand, gehen Pommes essen, statt Käsebrote am Küchentisch zu schmieren, und genießen einen freien Abend als kleine Familie. Genauso wichtig sind uns die wöchentlichen Date-Abende, die wir von Anfang an in unserer Ehe etabliert und lieben gelernt haben. Hier geht es nur um uns zwei, hier ist Raum um all das anzusprechen, was uns bewegt und Freude macht! Um das ganze abzurunden machen wir jeden Montag zusammen Zeit mit Gott, worum es im nächsten Abschnitt gehen wird.

 

Inspiriert werden & Leiterschaft gemeinsam definieren.

Eine neue Tätigkeit bringt neue Themen mit sich: Was bedeutet emotional gesunde Leiterschaft? Wie können wir die Kultur bei Cambio positiv stärken? Wie können wir unser Team dabei anleiten über sich selbst hinauszuwachsen? Immer Montag morgens setzen wir uns als Paar bei einer Tasse Kaffe zusammen und hören uns eine neue Folge eines Leadership Podcasts an. Diese halbe Stunde gibt uns neue Gedankenanstöße und fordert uns heraus, neue Ideen auszuprobieren. Eine lernende Haltung hilft uns dabei, die neue Leitungsaufgabe demütig anzugehen und jede Woche etwas neues zu lernen.

Buchtipp: Selten hat mich eine Sachlektüre so fasziniert. Reinventing organizations von Fréderic Laloux ist ein toll illustrierter Abriss über die Entwicklung von Organisationformen. Darin entfaltet der Autor eine spannende Theorie, wie durch neue und sinnstiftende Formen der Zusammenarbeit zukunftsfähige Organsiationen entstehen können, die ein chaotisches Zeitalter überleben und prägen werden.

 

Die Rosarote Brille aufsetzen.

Immer wieder merke ich, wie sehr ich es liebe, gemeinsam mit Tobi diese Zeit als Missionare zu erleben. Oft sind es die kleinen Momente, die mir das Glück dieser intensiven Lebensphase als Kleinfamilie vor Augen führen: Wenn er mit Theo auf dem Schoß Schlagzeug spielt. Wenn ich ihm zuhöre, wie er auf Spanisch eine Andacht hält und sich mein Herz mit Stolz erfüllt. Wenn ich nach einem langen Tag nach Hause komme und die Wohnung blitzeblank aufgeräumt ist und wir gemeinsam mit einem Feierabendgetränk auf dem Sofa Platz nehmen. Viele dieser Momente sind alltäglich, doch ich möchte sie bewusst nicht als selbstverständlich nehmen. Dazu will ich mir die rosarote Brille aufziehen und genau hinschauen was Tobi Tag für Tag als Mann an meiner Seite leistet. Gemeinsam einer Berufung nachzugehen, Familienleben 24/7 zu teilen, ein abenteuerliches Leben auf einer kleinen kanarischen Insel zu führen, wird gerade dadurch zu einer unvergesslich schönen Lebensphase.

 

Text: Lene de Vries

Foto: Susen Bolz | Susen.Foto

4 Kommentare

  1. Klein

    Ach, wie schön! Ich liebe es eure leichten und authentischen Berichte mit viel Gefühl und Ehrlichkeit zu lesen. Gerade auch euer Sprechen über Fehler, Frust, Beautiful imperfection …berühren mich. DANKE dafür. Ich erinnere mich noch gut an die Arbeit, die uns damals unsere Rundbriefe gekostet haben … umso mehr bewundere ich eure Texte und Vlogs.
    Ich schicke einen Drücker zu Euch auf die Reise und wünsche euch weiterhin Begeisterung für die Arbeitsteilung und den Mut Neues auszuprobieren.
    Herzlichst Ulli

    1. Lene de Vries

      Liebe Ulli,
      danke für die lieben Worte. Ihr wart uns mit eurem Besuch vergangenes Jahr tatsächlich eine Wertvolle Inspiration. Liebe Grüße zurück nach Leipzig.

  2. Gudrun

    Wir sitzen gerade im verregneten Allgäu in unserer Ferienwohnung. Der Radausflug heute endete nach wenigen km in einem Busunterstand während Gewitter und kräftiger Regen über uns hinweg zog.
    Umso mehr erfrischt uns euer Bericht von der schönen Insel. Ob wir jemals dahin kommen?
    Liebe Grüße
    Gudrun und Hans Jürgen

    1. Lene de Vries

      Hallo ihr Beiden,
      es freut mich, dass unser Lesestoff euch über die Regentage hinweghilft. Dennoch wünschen wir euch schnell wieder mehr Sonnenstunden und schöne Ausflüge auf dem Rad.
      Ihr seid immer herzlichst willkommen auf unserer Insel.
      Lene

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