Auf ein Neues

Und plötzlich ist der 9. Januar und ein neues Jahr ist ist angebrochen. Zweitausendzwanzig. Sogar ein neues Jahrzehnt.  
Für mich ist der Januar tatsächlich nicht gerade der beliebteste Monat im Jahr. Die Gemütlichkeit der Feiertage ist mit dem Abhängen der Weihnachtsdekoration verflogen. Stattdessen stehen nun 365 neue Tage ungefüllt vor mir und wirken fast ein bisschen einschüchternd auf mich.

 

Das Jahresende

Dieses Jahr habe ich mit meinem Papa in den schweizer Bergen eine gemeinsame Tradition aufleben lassen (nach meiner Definition ist etwas, das man drei mal in der gleichen Form gemacht hat, eine Tradition). Am Morgen des 31. Dezembers haben wir unsere Rucksäcke gepackt und sind mit dem ersten Lift und unseren Splitboards* auf den Berg gefahren. In unseren Köpfen hatten wir den Plan, das Jahr mit einer dreistündigen Skitour zu beenden. Vom höchsten Gipfel des Skigebiets gingen wir los und stiegen über einen benachbarten Bergkamm zum Piz Scharls auf. Um uns herum unberührter Schnee, ein atemberaubendes Gipfelpanorama und diese einzigartige Stille, die es nur in den Bergen gibt. Ich kann mir keinen bessern Ort vorstellen, um die Gedanken schweifen zu lassen und bei den gleichmäßigen Schritten durch glitzernde Schneekristalle mein
erlebnisreiches Jahr abzuschließen. Wir reden über die schönen Momente
des vergangenen Jahres und auch über die Themen, die uns auch über den
Jahreswechsel hinweg beschäftigen werden.

*Erklärung: Ein Splitboard ist ein Snowboard, das man der Länge nach teilen kann und somit eine Art Ski erhält. Auf der Unterseite werden Felle befestigt, die ermöglichen, im Schnee den Berg hoch zu wandern und nach einer kurzen Umbauphase mit dem Snowboard den Abhang wieder abzufahren.

Mitten in den Schweizer Bergen konnte ich mit Abstand auf unsere Zeit bei Cambio zurückblicken. Die anfänglich riesige Herausforderung eines neues Lebens in einem Land anzufangen, dessen Sprache wir nicht konnten, wurde über die Monate zur Normalität. Unsere Kollegen wurden zu unseren Freunden und die Cambio Teilnehmer zu unserer Familie. Wir haben gemeinsam die Insel kennengelernt, so manches Hoch und Tief miteinander durchlebt, Geburtstage und auch Weihnachten zusammen gefeiert – anders, als wir es alle gewohnt waren, aber mit einem leckeren Schweinebraten, handgerollten Semmelknödeln und Rotkraut (was auch aus Omas Küche hätte stammen können), unserem privaten Weihnachtskonzert und einzigartigen Geschenken. Bei lauen Temperaturen unter beleuchteten Palmen zu spazieren und ohne Frostbeulen am Lagerfeuer Stockbrote zu backen ist ungewohnt anders, aber dieses Weihnachten war sicherlich eins der eins der besondersten Feste, die ich je erlebt habe.

Hier noch einige Eindrücke von unserem Weihnachtsfest bei Cambio

Ja, unser Leben hat sich im letzen Jahr unglaublich verändert. Ob ins Bessere oder Schlechtere? Einerseits vermisse ich viele Dinge, die ich in meinem tübinger Leben hatte: überallhin mit dem Fahrrad zu fahren, der Wald vor meiner Haustüre, den studentischen Alltag, eine abenteuerlustige Gemeinde, die Familie in erreichbarer Nähe, unsere Freunde, bei denen wir uns spontan zum Spieleabend einladen konnte.
Andererseits merke ich, dass wir hier auf Gran Canaria genau am richtigen Fleck sind: einen Traumjob, indem unser Glaube und Menschen im Mittelpunkt stehen, die tägliche Ration Sonne, das spanisch-spontane Lebensgefühl und neue Freunde, bei denen wir uns spontan zum Spieleabend einladen können.

All diese Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, mitten in der schneeweißen Natur und ich merkte, wie sich in mir eine tiefe Dankbarkeit über mein Leben ausbreitete, zusammen mit einer wilden Mischung aus Freude, Sentimentalität, Staunen und Unfassbarkeit.

„Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Tut es mit Dank für das, was er euch geschenkt hat“  [die Bibel, Philipper 4:6]

Ausblick auf Zweitausendzwanzig

Wenn ich bedenke, wie viel sich im letzten Jahr verändert hat, kann ich mir nicht ausmalen, was die kommenden zwölf Monate mit sich bringen werden. Aber viele Dinge werden sich eben nicht verändern: Unsere Familie, die wir lieben; die Freundschaften, die wir auf der Insel vermissen; die heimatliche Natur, in der wir so gerne unterwegs sind; Traditionen, wie eine alljährliche Skitouren mit Papa; die überteuerte Brezel am Flughafen nach einer Heimkehr; das samstägliche Familienfrühstück mit meiner Familie; der Spaziergang durch den Sauerlandpark…
Plötzlich erwecken die anfangs einschüchtern wirkenden 365 Tage des neuen Jahrs eher Vorfreude in mir, Vofreude darauf, sie zu erleben.

Fest steht aber, dass wir uns dazu entschieden haben, unsere Zeit auf der Insel in diesem Jahr noch nicht zu beenden. Nach viel Überlegen und ehrlichen Gesprächen wollen wir die Chance nutzen und mit Cambio in eine weitere Runde starten. Das Projekt ist uns weiter ans Herz gewachsen und wir sehen darin eine hervorragende Möglichkeit, mit unseren Ausbildungen, unseren Gaben und wachsenden Spanisch-Kenntnissen dieses weiterzuentwickeln.
Wir freuen uns über die Freiheit, die uns die Arbeit hier gibt, ab Sommer sogar unsere kleine Familie und die  Arbeit unter einen Hut bekommen zu können.

Im Frühjahr werden wir einige Wochen in Deutschland sein, Zeit mit der Familie verbringen, Freunde besuchen und dann mit neuer Energie zusammen mit unserem Team hier vor Ort in die Verlängerung gehen.

Euch allen wünschen Wir einen gesegneten und freudigen Start in das neue Jahr. Wir freuen uns, dass ihr uns nach wie vor bei unserem abenteuer hier auf der Insel begleitet. Das bedeutet uns sehr viel.

LeneUnterschrift

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