Advent, Advent – kein Lichtlein brennt.

Auf unserem Esstisch stehen vier Kerzen. Sie sind in durchsichtige Plastikfolie verpackt, statt auf einem schicken Kranz. Es ist der 2. Dezember und vor fünf Tagen startete die Adventszeit. Doch statt feierlich die erste dieser vier Kerzen anzuzünden, saß ich in der Kinderklinik neben Ellas Bett. Sie musste fünf Tage zur Überwachung ihrer Bronquiolitis im Krankenhaus bleiben. Das einzige, was  mich an  diesem Sonntag an die Vorweihnachtszeit erinnerte, waren das adventliche Lebkuchen-Muster auf dem Kittel einer Krankenschwester und das glitzernde Rentiergeweih auf ihrem Kopf. An diesem Tag hatte ich viel Zeit, um mir über den Sinn von Advent Gedanken zu machen.

 

Der Advent hat sich verändert.

Noch im letzten Jahrhundert war der Advent eine Zeit des Verzichtens. Bis ins Jahr 1917 verlangte das katholische Kirchenrecht von gläubigen Katholiken, dass im Advent gefastet werden muss. Mit der Martinsgans am 11. November startete für gläubige Christen somit noch vor wenigen Jahrzehnten eine 40-tägige Fastenzeit. Heute drehen wir den Spieß um. Es gibt kaum eine Zeit im Jahr, in der wir mit mehr Leckereien umgeben sind. In einem Jahrhundert hat der Advent sich von einer Zeit der Buße und der Besinnung zu einem Monat des eskalativen Konsums entwickelt.
Ich möchte hier nicht mit erhobenen Finger auf Missstände hinweisen, denn ich weiß, dass gerade die Adventszeit mit vielen schönen Traditionen verknüpft ist,  die Gemeinschaft schaffen und die auch ich sehr schätze. Zusammen mit meiner Oma Jahr für Jahr Plätzchen zu backen, zählt zu einer der schönsten Erinnerungen meines Lebens.
Dennoch möchte ich mir dieses Jahr ganz besonders bewusst machen, dass der „echte Advent“ (falls es so etwas überhaupt gibt) nicht im Konsum zu finden ist. Nicht im üppig bestückten Adventskalender, nicht im Weihnachtsshopping und nicht in den köstlichen Plätzchen. 

Worum geht es im Advent?

Für mich persönlich ist es die Vorfreude. Ich möchte mich auf das Event freuen, das jedes Jahr aufs Neue etwas besonderes für mich ist. Die Feier einer unvergleichlichen Rettungsgeschichte unserer Menschheit. Die Geburt von Jesus hat Hoffnung und Liebe in unsere Welt gebracht & darüber will ich mich freuen. (Vor)Freude sammeln ist das selbstgewählte Motto meiner Vorweihnachtszeit. Was bedeutet, die Liste meiner Advents To-Do’s daraufhin zu überprüfen, ob ich es mache, weil es mir Vorfreude bringt – oder ob ich es mache, weil ich denke, dass es zu einem perfekten Advent dazugehört…
Hier meine Top dre:

  1. Der Adventskranz. Ich liebe Theos glückseligen Blick, jeden Tag mehrmals die Kerzen auspusten zu dürfen – und erst der Geruch von abgebrannten Streichhölzern! Ob selbstgebunder Kranz oder nicht, das schauen wir noch… Fest steht, dass die erste Kerze mit mindestens 5 Tagen Verspätung angezündet werden wird.

  2. Plätzchen backen. Der köstliche Geruch von frischem Gebäck katapultiert ich mit so vielen schönen Erinnerungen in meine Kindheit. Aber wie viele Sorten am Ende in den Keksdosen landen, da mache ich mir dieses Jahr keinen Stress.

  3. Weihnachtsmusik.  So viele gute Lieder, die man nur wenige Wochen im Jahr mitgrölen kann. Die Playlist wird jährlcihe um neuen Hits erweitert & ab heute wird diese auf jeder Fahrt zum Kindergarten und wieder zurück angemacht. Hört gerne mal rein und erweitert sie mit euren liebsten Liedern: Weihnachts Playlist von Lene.

Advent als ein Prozess.

Diesen Gedanken hat mir meine beste Freundin heute in einer Sprachnachricht mitgegeben und ich finde ihn so genial wie einfach! O-Ton aus der Sprachnachricht:

„Ankommen – Advent. Wir denken immer, wir müssen im Advent angekommen sein. Aber das Ankommen ist doch ein Prozess. Wenn ich umgezogen bin und sage ‘ich bin angekommen’ dann liegt da ja auch ein Ankommensprozess davor!”

Diese wahren Worte bringen mich zu der Frage, woher mein Anspruch kommt, schon zwei Tage vor dem ersten Advent die Wohnung perfekt dekorierert zu haben. Den hippsten Adventskranz zu besitzen – natürlich selbstgebunden – und drei randgefüllte Dosen mit köstlichen Plätzchen auf dem Regal stehen zu haben.
Ist es das Resultat von kitschigen Weihnachtsfilmen? Oder der Flut an Fotos von schick dekorierten Wohnzimmern auf Instagram? Oder gründet alles in den Erwarungen an mich selbst, um Erinnerungen aus meiner Kindheit gerecht zu werden?

Dieses Jahr sehe ich den Advent also als einen Prozess. Sowohl bezogen auf meine Deko, als auch auf meine innere Einstellung. Es begann am 1. Advent, ganz anders als erwartet, mit einem einfachen Speklatiuskeks am Krankenhausbett neben Ella. Ob er bei der üppig gechmückten Wohnung und gefüllten Keksdosen enden wird, stellt sich noch heraus. Fest steht: Ich nehme mir die kommenden vier Wochen Zeit, um mich auf eins der schönsten Feste des Jahres vorzubereiten, statt gestresst all den ToDo’s hinterher zu rennen, die scheinbar zu einer perfekten Adventszeit gehören.

 

P.S.: Ella ging es wenige Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus schon wieder blendend. Darüber sind wir unglaublich froh und danbar für all eure Gebete und euer Nachfragen.


Ein Kommentar

  1. Ulli

    Na, das sind doch mal tolle Gedanken. Dann wünsche ich dir und euch, dass ihr sie auch in die Praxis bringt und tatsächlich zum Kern von Weihnachten findet. Wir sind dieses Jahr ganz gechillt. Volker hat Corona und bäckt kleine Brötchen. Und ich brauche diesen ganzen Dekokram schon lange nicht mehr. Die Symbolischen 4 Kerzen reichen mir, vielleicht noch ein paar Sterne und den Anderen Advent, den ich sehr gerne lese. Schade, dass wir uns dieses Jahr nicht in KA sehen. Wir waren nämlich schon da. Guten Endspurt auf der Insel und dann gute Reise.

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